„… möchte ich Ihnen für den Umgang
mit Menschen eine Arbeitshypothese
anvertrauen, die sich bewährt hat.
Es handelt sich um eine Theorie,
die nicht richtig zu sein braucht.
Aber sie führt in der Praxis zu verwendbaren Ergebnissen.“
„Und wie lautet Ihre Hypothese?“
„Man halte hier jeden Menschen,
mit Ausnahme der Kinder und der Greise,
bevor das Gegenteil nicht unwiderleglich
bewiesen ist, für verrückt.
Richten Sie sich danach,
Sie werden bald erfahren,
wie nützlich der Satz sein kann.“
„Soll ich bei Ihnen damit beginnen?“ fragte sie.
„Ich bitte darum“, meinte er.
Jakob Fabian zu Cornelia Battenberg in
Erich Kästner, „Fabian“,
Zürich 1931
Er beugt sich vor
und betrachtet ihr Tattoo. (…)
„Ein Geschenk von meinem
Freund“, sagt sie.
„Hochzeitspläne?“, fragt er.
Sie schüttelt den Kopf.
„Er hat mich verlassen.“
„Und das Tattoo?“ Er deutet auf ihre Schulter.
„Was ist damit?“, fragt sie.
„Erinnert es Sie nicht an diesen Kerl?“
Sie schweigt einen Augenblick
und schüttelt dann erneut den Kopf.
„Es erinnert mich an mich selbst,
als ich verliebt war.“
Aus Noam Shpancer, „Der gute Psychologe“,
btb Verlag, München 2012 (S. 284/285)
„In einer idealen Welt sollte ein junger Mann nicht ironisch sein.
In dem Alter hemmt Ironie das Wachstum,
lässt die Fantasie verkümmern.
Am besten tritt man mit fröhlichem und offenem Sinn ins Leben, glaubt an andere, ist optimistisch,
ist allen gegenüber in allen Dingen aufrichtig.
Und dann, wenn man die Dinge und die Menschen
allmählich besser versteht, kann man Ironie entwickeln.
Der natürliche Lauf des Lebens geht
von Optimismus zu Pessimismus;
und Ironie hilft, den Pessimismus zu zügeln,
hilft, Gleichgewicht und Harmonie hervorzubringen.“
Dmitri Schostakowitsch in den Mund gelegt von
Julian Barnes in „Der Lärm der Zeit“,
btb Verlag, München 2018 (S. 117/118)
„Wenn man der Ironie den Rücken zukehrt
erstarrt sie zu
Sarkasmus.
Und wozu ist sie dann nütze?
Sarkasmus ist Ironie, die ihre Seele verloren hat.“
Dmitri Schostakowitsch in den Mund gelegt von
Julian Barnes in „Der Lärm der Zeit“,
btb Verlag, München 2018 (S. 234)
(Im Originaltext im Präteritum formuliert.)
„(…) Und was das Unterbewusstsein anbelangt - das ist unser Eigenstes, unser Temperament. Eine durchgetanzte Nacht wiegt sämtliche Psychoanalysen auf.“
Jean-Louis Barrault in seiner Autobiographie „Erinnerungen für morgen“, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1975 (S. 391)
„Nichts ist lustvoller, als in den Augen derer für verrückt zu gelten, die sich für normal halten.“
Jean-Louis Barrault in seiner Autobiographie „Erinnerungen für morgen“, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1975 (S. 217)
„Für mich ist Neugierde das wahre Leben. Meine eigene verträgt sich ausgezeichnet mit meiner ängstlichen Natur. Haben Sie manchmal Katzen beobachtet, wenn sie ihre ersten Schritte in einem Wald wagen? Sie strecken ihre Pfoten so weit wie möglich von ihrem Körper weg, ertasten eine Berührung, springen zurück, legen die Ohren an, machen einen krummen Rücken, schleichen sich wieder an, versuchen es noch einmal mit der Pfote, und endlich, nach und nach, kommen sie voran. Ihre Neugierde ist größer als ihre Furcht. Sie geben uns ein Beispiel.
Was machten wir mit unserer Angst ohne die Neugierde? Die Neugierde rettet alles.
(…) Wir sind unheilbar neugierig. (…) Und wenn wir unserer Neugierde die Fähigkeit zu staunen hinzufügen, die man sehr pflegen und entwickeln sollte, um ein junges Herz zu behalten, dann gehören wir zur Kategorie der 'großen Stauner‘.
So haben wir im Laufe unserer langen Lebensreise einen Klub der großen Stauner gegründet. Sollen die muffeligen Leute unter sich bleiben!“
Jean-Louis Barrault in seiner Autobiographie „Erinnerungen für morgen“, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1975 (S. 268)